Der Hintergrund

»Eala Frya Fresena – Heil den freien Friesen!«

Wahlspruch der Friesen im Mittelalter

NORDDEUTSCHLAND IM 14. JAHRHUNDERT

Der Norden des Heiligen Römischen Reiches erfährt ab der Mitte des 14. Jahrhunderts tiefgreifende Umbrüche. Der Schwarze Tod im Jahre 1349 hatte unzählige Leben gefordert; allein in Bremen sollen mehr als 7000 Menschen an der Pest gestorben sein. Diese und andere Katastrophen ziehen enorme gesellschaftliche und politische Veränderungen nach sich.

In Ostfriesland sind die Menschen bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts frei. Die Friesen akzeptieren keinen Herrscher außer dem deutschen Kaiser und schlagen auswärtige Eroberer stets erfolgreich zurück. Gewählte Richter – sogenannte Redjeven – verwalten die einzelnen Kirchspiele und genossenschaftlich organisierten Landsgemeinden, sitzen über das Volk aus Marsch und Geest zu Gericht und führen die Friesen im Krieg an. Jeder freie Mann darf eine Waffe tragen, nach Belieben über seinen Besitz verfügen und vor der Versammlung der Redjeven seine Interessen vertreten.

Dies ändert sich ab 1350. Einzelne Redjeven häufen Macht an und schwingen sich zu Alleinherrschern über ihre Gerichtsbezirke oder gar über ganze Landsgemeinden auf. Die Friesische Freiheit, einst der Stolz der Friesen, erodiert zusehends. Doch kaum jemand begehrt gegen den Verlust der Freiheit auf. Das Volk sehnt sich nach einem starken Mann, der es mit strenger Hand in die ungewisse Zukunft führt. Es beginnt die Ära der ostfriesischen Häuptlinge.

Derweil lähmen chaotische Zustände in Flandern den Seehandel. Das zwingt die norddeutschen Handelsmetropolen, sich zu einem Städtebund zusammenzuschließen: Die Hanse wird geboren – und steigt unter der Führung Lübecks rasch zu einem Machtfaktor in Nord- und Ostsee auf. Die schlagkräftige Liga schützt rücksichtslos ihre geschäftlichen Interessen und bietet sogar Fürsten die Stirn. Das gefällt nicht jedem. Insbesondere dem Dänenkönig Waldemar Atterdag ist die neue See- und Handelsmacht ein Dorn im Auge. Ein Krieg scheint unausweichlich.

Dies ist das historische Drama, mit dem die ostfriesische Familie Osinga in Im Zeichen des Löwen konfrontiert wird. Sie möchten Jann Wilken Osinga, seine Freunde und Feinde kennenlernen? Scrollen Sie weiter und treffen sie die Helden und Schurken meiner neuen Mittelaltersaga!

Doch zunächst einige Sätze über den ostfriesischen Sielhafen Warfstede.

Und über Koggen.

Warfstede

Im Zeichen des Löwen spielt in Warfstede, einem Sielhafen, der an der Küste der ostfriesischen Landsgemeinde Harlingerland liegt und dessen rietgedeckte Hütten tagein, tagaus dem harschen Westwind und der rauen Brandung trotzen. Wenige hundert Seelen, hauptsächlich Bauern und Fischer, leben in dem kleinen Marschdorf um die Warf mit der Wehrkirche und dem festungsartigen Steinhaus: ein harter und stolzer Menschenschlag, der auf Gott vertraut – und auf den Deich, der Warfstede seit Generationen vor dem Blanken Hans schützt.

Dies ist die Heimat der Familie Osinga: reiche Bauernhändler, Seeleute und Krieger, die in Harlingerland hohes Ansehen genießen. Wilke Tammen Osinga, ihr Oberhaupt, ist der Herr des Steinhauses und der Redjeve des Kirchspiels. Doch das einflussreiche Richteramt ist dem herrischen Wilke nicht genug. Er strebt nach mehr und schreckt nicht davor zurück, sich über die heilige Friesische Freiheit hinwegzusetzen, wenn es seinen Ambitionen dient. Und so ist das Löwenbanner, das rot leuchtend auf dem Dach des Steinhauses flattert, längst kein Symbol der Gerechtigkeit mehr – sondern ein Sinnbild für die Gier nach Macht, die in ganz Harlingerland um sich greift wie eine neue Pestilenz.

Koggen

Die Lastadie zu Warfstede ist das Reich von Folkmar Peters. Auf dem Schiffsbauplatz bei der großen Deichschleuse konstruiert der erfahrene Meister Koggen.

Im 14. Jahrhundert beherrscht dieser Schiffstyp Nord- und Ostsee. Koggen sind schwerfällig, aber robust; langsam, aber verlässlich. Von Lübeck und Hamburg segeln sie bis nach Island und Nowgorod. Das macht sie besonders für die hansischen Kaufleute attraktiv, die ihre Koggen mit Bier, Stockfisch, Pelzen und Bernstein beladen und die begehrte Handelsware auf den Märkten Nordeuropas gegen blitzendes Silber eintauschen. Ohne die Kogge wäre der Aufstieg der Hanse zur wirtschaftlichen und militärischen Großmacht nicht denkbar.

Folkmar schuftet nicht allein auf der Lastadie. Ihm zur Hand gehen mehrere Gesellen – und Jann Wilken Osinga, ein besonderer junger Mann mit visionären Ideen ... und einem schweren Makel.

Die Charaktere

Nun, da Sie mit dem Schauplatz und dem historischen Hintergrund von »Im Zeichen des Löwen« vertraut sind, möchte ich Sie mit den wichtigsten Personen meines neuen Romans bekannt machen. Ich darf vorstellen:

Wilke Tammen Osinga

Das Oberhaupt der Familie Osinga, der Herr des Steinhauses und der Redjeve des Kirchspiels zu Warfstede. Ein Krieger, ein Anführer, ein harter Mann, gleichermaßen gefürchtet bei Freund und Feind. Wilke lebt allein für das Streben nach Macht und Gold – und für seine Rache an Enne Rycken Hylkena, den er für den Tod seines Erstgeborenen Unicke verantwortlich macht. Gnade und Rücksicht sind ihm fremd. Um Enne zu vernichten, schreckt Wilke nicht davor zurück, Haringerland in eine blutige Fehde zu stürzen. Doch auch seine Söhne haben bei ihm nichts zu lachen, allen voran Jann, dem der Makel der unehelichen Geburt anhaftet ...

Jann Wilken Osinga

Der Sohn Wilke Tammens und einer einfachen Magd. Ein Bastard von niedrigem Stand, im Steinhaus der Familie Osinga allenfalls geduldet. Obwohl Jann tagtäglich mit der Ablehnung durch den Vater und der Verachtung seiner Mitmenschen zu kämpfen hat, lässt er sich nicht unterkriegen. Gesegnet mit einem wachen Verstand, einem großen Herzen und einem enormen Talent für das Zimmermannshandwerk, behauptet er sich im Dorf und auf der Lastadie, wo er Meister Folkmar zur Hand geht. Mit seinen visionären Ideen könnte Jann den Schiffsbau revolutionieren – doch wird die konservative Zunft der Schiffszimmerleute dem Bastard zuhören? Und dann ist da noch Jorien, Folkmars Tochter. Als Jann erkennt, dass er für seine Gefährtin aus Kindertagen mehr empfindet als freundschaftliche Gefühle, ist seine Verwirrung groß ...

Abbe Wilken Osinga

Wilkes Drittgeborener. Ein geschickter Kaufmann, ein gewandter Redner, der klügste Kopf von Warfstede. Abbe könnte ein glückliches Leben führen – wäre er nicht mit einem Buckel und verwachsenen Gliedern zur Welt gekommen. So ist er für alle Welt nur der Krüppel, den man verspottet, vor dem man ausspuckt. Sein Vater Wilke schämt sich für ihn, doch Abbe sieht nicht ein, sich zu verstecken. Jeden Tag kämpft er um Anerkennung im Steinhaus und im Dorf. Wann wird Warfstede endlich erkennen, dass Abbe nicht nur aus dem siebenmal verfluchten Buckel besteht? Zum Glück ist er nicht allein. Sein Halbbruder und sein bester Freund Jann ist stets für ihn da, wenn Abbe an der Dummheit der Welt verzweifelt. Die beiden Außenseiter stehen zusammen, nichts und niemand kann sie trennen.

Enne Rycken Hylkena

Das Oberhaupt der Familie Hylkena und der Redjeve des Kirchspiels zu Duvelslond. Ein Krieger wie Wilke Tammen und dessen Erzfeind, seit er Wilkes Erstgeborenen Unicke ermordet hat. Wilke trachtet danach, ihn zu vernichten, doch Enne ist ein mehr als würdiger Gegner für den Herrn von Warfstede: gerissen und skrupellos, mächtig und reich. Seine Wasserburg trotzt allen Angriffen, sein Kriegsvolk lehrt den Feind das Fürchten, seine beiden Koggen bringen frisches Silber und kostbare Handelsware nach Duvelslond. Es geht das Gerücht, ein schrecklicher Schicksalsschlag habe Enne zu dem Mann gemacht, der er heute ist. Was ist geschehen? Der verschlossene Enne spricht mit niemandem darüber. Allenfalls seine Schwester Alke ahnt, was in seinem verknöcherten Herzen vor sich geht ...

Alke Rycken Hylkena

Kräuterkundige, Alchemistin, Giftmischerin. Niemand weiß, was Alke Rycken in ihrem Laboratorium in den Gewölben der Wasserburg treibt, nicht einmal ihr Bruder Enne. Für die furchtsamen Bewohner von Duvelslond jedoch steht fest: Alke ist eine Zauberin, eine Hexe und mit dunklen Mächten im Bunde. Trägt sie nicht ein seltsames Amulett bei sich? Ruft sie nicht heimlich die heidnischen Götzen der alten Friesen an? Alke interessiert sich nicht für die düsteren Gerüchte um ihre Person. Sie lebt in ihrer eigenen Welt und schert sich nicht um andere Menschen. Allein Enne liegt ihr am Herzen. Für ihren geliebten Bruder würde sie alles tun – sogar frevelhafte Sünden und blutige Verbrechen.

Folkmar Peters

Seines Zeichens Schiffsbaumeister. Seit über fünfundzwanzig Jahren arbeitet er jeden Tag von früh bis spät an Koggen, Schniggen und Flusskähnen. Sogar in Lübeck kennt man seine Lastadie, und Kaufleute aus der fernen Hansestadt reisen nach Warfstede, um Folkmar Peters Schiffe zu kaufen. Denn sein Name steht für Qualität. Folkmar liebt seine Arbeit und seine Tochter Jorien; langwieriges Geschwätz hingegen liebt er nicht. Der Eigenbrötler schätzt die Stille und zieht es vor, mit gebrummten Ein-Wort-Sätzen zu kommunizieren. Allein mit seinem Gehilfen Jann Wilken unterhält er sich gern, und so kann es geschehen, dass der Meister und der Bastard bis spät abends vor Folkmars Haus sitzen und über Spanten, Planken und Kalfaterung debattieren ...

Jorien Folkmars

Folkmars siebzehnjährige Tochter. Vor einigen Jahren ging Jorien nach Bremen, um bei den Beginen zu Sankt Katharinen Lesen, Schreiben und Latein zu lernen. Nun ist sie heimgekehrt, denn ihr Vater möchte einen Ehemann für sie suchen. Eilig hat er es damit jedoch nicht, und so hat Jorien reichlich Gelegenheit, Zeit mit ihrem alten Freund Jann Wilken zu verbringen. Bald spürt die kluge und willensstarke junge Frau, dass da mehr ist zwischen Jann und ihr. Doch die Tochter eines angesehenen Meisters und ein Bastard von niedrigem Stand – ist das überhaupt möglich? Als Jorien noch darüber nachgrübelt, zeigt sich, dass Gott und das Schicksal ohnehin ganz andere Pläne mit ihr haben ...

Sämtliche Illustrationen auf dieser Seite hat der großartige Markus Weber von Guterpunkt – Agentur für Gestaltung geschaffen.